Bleistift, 175 mm x 250 mm, 25.10.2020, Dvz. 1395
Charlie Chaplin gilt zu Recht als erster Weltstar des Kinos, als Ikone des Slapsticks und neben Buster Keaton als bedeutendster Komiker der Stummfilmzeit. Sein legendäres, optisches Markenzeichen – eine übergroße, zerlumpte Hose, ein allzu enges Jackett, der Melonenhut, der Bambusspazierstock und natürlich sein Zweifingerbart – auch Chaplinbart genannt. Auf Grund seiner zahlreichen großen Erfolge, auch wenn in den immer gleichen Rollen als schmachtender Liebhaber, verdiente Chaplin, bereits 1914, 1.200 Dollar die Woche, zzgl. einer Einmalzahlung von über 10.000 Dollar pro Film. Auch heute noch ein überaus stattliches Gehalt und damals, Anfang des 20ten Jahrhunderts, mehr als ein Vermögen.
So konnte sich Chaplin auch schnell, dank seiner großen finanziellen Möglichkeiten, sich eben auch zunehmend künstlerische Freiheiten leisten, gründete seine eigene Filmgesellschaft, die United Artists, die auch heute noch existiert, jedem Kinokenner ein Begriff sein dürfte und damals großen, prägenden Einfluss auf die aufstrebende Traumfabrik Hollywood hatte. Chaplin agierte ab nun nicht mehr nur als Komiker und Schauspieler in seinen Filmen, sondern firmierte auch als Drehbuchautor, Regisseur und Komponist der Musik, welcher in Stummfilmen damals eine gänzlich andere Bedeutung zu kam, als in heutigen Filmen.
Bleistift, 245 mm x 170 mm, 20.10.2020, Dvz. 1391
Bleistift, 200 mm x 145 mm, 21.10.2020,| Dvz. 1392
Mit seinen denkwürdigen Filmen, wie The Kid, The Tramp, Goldrush oder A dogs life, machte Chaplin auch die Tragikomödie für das Kino hoffähig, verband Slapstick mit unliebsamen, sozialkritischen Themen und schuf damit einen Teil unvergänglicher Kinogeschichte. Mit seinen Filmen Modern Life, eine Art Fritz Langs Metropolis, in Form einer Komödie, und Lichter der Großstadt, erneut große Kassenschlager in den USA, geriet Chaplin seitens der Politik aber zunehmend unter Druck. Auf Grund seiner angeblich, zunehmend Kapitalismus kritischen Inhalte, spielte er sich in den Fokus von FBI Chef J. Edgar Hoover höchstpersönlich, der Chaplin angeblich hasste und am liebsten gleich des Landes verwiesen hätte. Denn obwohl Chaplin seine größten Erfolge in den USA errungen hatte, war er immer noch englischer Staatsbürger. 1952, zur Zeit der berüchtigten McCarthy-Ära, als Chaplin gerade in England bei einer Filmpremiere verweilte, erlangte das Komitee für unamerikanische Umtriebe endlich das längst ersehnte Wiedereinreiseverbot für den unliebsamen Schauspieler.
Bleistift, 200 mm x 150 mm, 22.10.2020, Dvz. 1393
Bleistift, 210 mm x 150 mm, 23.10.2020, Dvz. 1394
Und dies geschah zu einer Zeit, in der der Stummfilm schon längst dem neu aufkommenden Tonfilm hatte weichen müssen, all die großen Filmstars jener frühen Tage, in dieser neuen Ära Hollywoods, ganz plötzlich nicht mehr gefragt waren. Nicht mehr Gestik und Mimik alleine waren von einem Filmschauspieler gefragt, sondern endlose Dialoge mussten nun jetzt nicht nur auswendig gelernt, sondern auch entsprechend der jeweiligen Szene gesprochen, intoniert und interpretiert werden. Viele Größen der Stummfilmzeit haben damals diese Umstellung nicht überlebt. Auch Charlie Chaplins ganz große Zeit war nun vorbei, und dennoch legte er noch einmal nach, um seine nachhaltige Unsterblichkeit noch weiter zu zementieren.
Sein erster Tonfilm: Der große Diktator, von 1940, eine bis heute unsterbliche Persiflage auf den damaligen Nationalsozialismus, in dem Chaplin selber natürlich die Hauptrolle, die des EINEN Führers übernahm, großartige, groteske Filmszenen für die Ewigkeit erschuf, darf man getrost als zeitlose Mahnung verstehen. Natürlich durfte der Film im damaligen Nazi-Deutschland nicht gezeigt werden, auch wenn sich hartnäckig Gerüchte halten, dass Hitler selber sich diesen Chaplinfilm heimlich angeschaut haben und hinsichtlich der Parodie seiner Person sich überaus amüsiert gezeigt haben sein soll. Gerüchte, Legende …, vermutlich aber nicht mehr.
Aber auch in den USA wollte man eine Aufführung dieses Films ironischerweise zuerst unterbinden. Zum einen scheute man 1940 noch eine direkte Konfrontation mit Hitler-Deutschland, zum anderen sah die US-Zensurbehörde in diesem Film auch einen direkten Angriff auf den Militarismus und Kapitalismus im Allgemeinen. Doch US-Präsident Roosevelt stellte sich klar auf die Seite Chaplins und verhinderte damit ein Verbot des Films, vielleicht wegen des am Ende des Films so eindringlich formulierten Apelles an alle Soldaten, an die ganze Welt, für Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit einzustehen. Jene Werte eben, für die die USA bis heute so gerne stehen und gesehen werden wollen. Für Charlie Chaplin war sein erster Tonfilm erneut ein weltweiter Erfolg und weiterer Kassenschlager.
Im sogenannten Spätwerk Chaplins findet sich allerdings auch eine Perle der Filmkunst wieder die doch tatsächlich damals an den Kinokassen, 1947, miserabel abschnitt. Hier spielt Chaplin, für ihn auch völlig ungewohnt, die Rolle des Monsieur Verdoux, einem Blaubart und Massenmörder, nach einer Idee von Orson Welles, inspiriert von dem wahren Fall des Henri Landru. Heute würde man den Film vielleicht als schwarze Komödie bezeichnen. Doch beide Alphatiere streiten um die Kompetenzen hinsichtlich der Umsetzung des Films und so kauft Chaplin, da er keine Einmischung und Bevormundung gewohnt ist, Orson Welles alle Rechte an seinem Skript ab und nennt seinen Mitstreiter, im Vorspann des Films, nur noch als Ideengeber.
Auch hier, als Massenmörder Verdoux, spielt Chaplin eben Chaplin, mit gewohnt, bekannter Mimik und Gestik, mit gekonnt platziertem Slapstick und teils abermals anrührenden Filmmomenten. Man möchte diesem Massenmörder Verdoux somit, auch wenn er in den verschiedensten Blaubart-Rollen Frauen täuscht, sie unter Vorspieglung großer Liebe heiratet, dann umbringt, um sie zu beerben, nie wirklich böse sein. Nach dreißig Jahren als Bankangestellter wird ihm in der Weltwirtschaftskrise gekündigt. Er verliert alles und kann seine im Rollstuhl sitzende Frau und seinen noch kleinen Sohn nicht mehr angemessen versorgen. Er will es nun all jenen Frauen nehmen, die noch nie arbeiten mussten, nur dafür lebten, um am Ende viel zu erben. Und somit nutzt Chaplin erneut einen seiner Filme abermals für mahnende Worte, straft erneut den Kapitalismus und den Militarismus ab: Ein Mord macht zum Mörder. Millionen zum Helden. Die Prämisse der Handlung wurde von Kritikern des Films als Mord als logische Erweiterung des Kapitalismus gedeutet; die Hauptfigur tötet für Verdienst, somit ist er (von seinem Standpunkt aus) kein Mörder.