Im Rahmen der Lokal-Kunst soll das Unsichtbare für alle nun sichtbar gemacht werden
Ennepetal: Es war im Jahre 1920 als der Expressionist Paul Klee in einem Vortrag zur modernen Kunst sagte, dass diese nicht etwa das Sichtbare wieder gibt, sondern vielmehr sichtbar macht. Und genau darum geht es auch ab kommenden Samstag (12. Juli 2014, 18:00 Uhr) im vorletzten Projekt der Veranstaltungsreihe „Lokal-Kunst“, welches von der Ennepetaler Fotografin Linde Arndt organisiert und kuratiert wurde. Gemeinsam mit ihren Freunden Andreas Noßmann und Zsolt S. Deák möchte sie für alle Besu- cher „das Unsichtbare sichtbar machen“. Man soll tief in das Sichtbare eindringen und dabei ganz speziell einen Blick hinter die Fassade der einzel- nen Werke des Trios werfen. Schnell wird man feststellen, dass zum Bei- spiel aus der Mimik eines menschlichen Gesichtes plötzlich Welten ent- stehen, die begeistern. Es verschieben sich Größenverhältnisse, aus klein wird groß oder aus dick wird dünn. Zweifelsohne ist diese Ausstellung – die bis zum 17. Juli 2014 zu besichtigen ist – etwas ganz besonderes für die Stadt Ennepetal, da alle drei Künstler auf gewisse Art und Weise tief mit ihr verbunden sind. Andreas Noßmanns Zeichnungen erzählen von einer Welt, in der das Wahrhafte noch Bestand hat. Der heute in Brühl lebende Künstler, dessen Exponate in den 90er-Jahren letztmals in Ennepetal ausgestellt waren, verweigert sich dem Offensichtlichen. Er fragt nach dem Dahinter, Tabu, Stigma oder dem Ungesagten. Seine Werke sind Arbeiten mit einem Skalpell, das tief in unsere gesellschaftlichen Zustände eindringt. Sex, Neid, Habgier oder Eitelkeit werden schonungslos an die Öffentlichkeit gezerrt. Anders sieht es da bei Zsolt S. Deák aus. Er führt einen mit der organischen Gestaltung seiner Bilder und Skulpturen fort von den vorgegebenen und antrainierten Formen, hinüber zu Formen, die einem Katalog einer nicht mehr zu fixierenden und vergessenen Vergangenheit angehören. Unbe- wusst überwindet man sein Misstrauen gegen eine vermeintliche Antikunst. Als wenn man quasi auf sich selbst zurückgeworfen wird. Eine Art beleben-
de Erkenntnis, die die Analogie unserer eigenen Natur ist. Mit ihrer Kamera ist Linde Arndt immer auf der Jagd nach einem persönlichen Moment in unserer Zeit. Es ist die Schönheit einer menschlichen Persönlichkeit die sie mit der Linse immer wieder erfasst. Allein schon die von ihr geknipsten Frauenporträts aus dem Europaparlament lassen an der Mimik die Botschaf- ten erkennen die diese Protagonisten vertreten: engagiert, nachhaltig, aus- drücklich, motiviert, überzeugend. Diese Menschen geben ein Licht ab, erzählen Geschichten. Linde Arndt selbst redet nicht gerne über ihre Bilder, lieber lässt sie ihre Aufnahmen sprechen. Die Welt dieser drei Künstler besteht aus einer Außensicht die sie inspiriert und die sie mit ihrer aufge- bauten Innensicht abgeglichen haben. Je tiefer sie diese vornehmen, desto weiter erhalten sie am Ende eine neue, objektive Erfahrung und machen damit für das Auge des Betrachters das Unsichtbare sichtbar. Die Faszina- tion dieser Ausstellung ist das Erkennen einer gemeinsamen Welt – Zeit zum Betrachten, Zeit für Dialoge, Gespräche, Wiedererkennen, Treffen oder einfach nur zum Zuhören.
André Sicks