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Artemisia Gentileschi

  • Portrait

Artemisia Gentileschi, geboren 1593 in Rom, zählt zu den bemerkenswertesten Malerinnen des italienischen Barock. Schon als Tochter des Malers Orazio Gentileschi kam sie früh mit der Kunst in Berührung und entwickelte ein Talent, das sie bald über die Grenzen des familiären Ateliers hinaus bekannt machte. In einer Epoche, in der Frauen kaum Zugang zu akademischer Ausbildung oder öffentlicher Anerkennung hatten, gelang es ihr, sich einen Platz in der Kunstwelt zu erkämpfen.

Ihre Karriere wurde jedoch von einem einschneidenden und tragischen Erlebnis überschattet. Im Jahr 1611 wurde Artemisia von Agostino Tassi, einem Kollegen ihres Vaters, vergewaltigt. Der Übergriff geschah im vermeintlich geschützten Umfeld ihres Elternhauses, wo Tassi sie eigentlich unterrichten sollte. Um die Tat zu verschleiern, versprach er ihr die Ehe – ein Versprechen, das er nicht halten konnte, da er bereits verheiratet war. Für Artemisia bedeutete dies nicht nur ein persönliches Trauma, sondern auch eine gesellschaftliche Katastrophe, da die Ehre und Unversehrtheit einer Frau im damaligen Rom als entscheidend für ihre Stellung galt.

Der anschließende Prozess gegen Tassi im Jahr 1612 wurde zu einem öffentlichen Skandal. Artemisia musste ihre Aussage unter entwürdigenden Bedingungen verteidigen: Ärzte untersuchten sie, und sie wurde sogar unter Folter mit Daumenschrauben dazu gezwungen, ihre Glaubwürdigkeit zu beweisen. Obwohl Tassi verurteilt wurde, blieb die Strafe milde und er konnte sich der härtesten Konsequenzen entziehen. Für Artemisia war der Prozess eine doppelte Belastung – er machte ihr Leid öffentlich und stellte sie zugleich unter gesellschaftliche Beobachtung.

Um ihren Ruf zu retten, heiratete sie kurz darauf den Maler Pietro Antonio Stiattesi und zog nach Florenz. Dort begann eine Phase, in der sie sich künstlerisch entfalten konnte. Sie wurde als erste Frau in die renommierte Accademia delle Arti del Disegno aufgenommen und arbeitete für bedeutende Auftraggeber. Ihre Werke zeichnen sich durch eine kraftvolle Bildsprache aus, die Frauen nicht als passive Figuren, sondern als handelnde, entschlossene Persönlichkeiten zeigt. Besonders das Gemälde „Judith enthauptet Holofernes“ gilt als Schlüsselwerk: Mit drastischer Intensität zeigt es Judiths Stärke und Entschlossenheit – viele sehen darin eine Verarbeitung von Artemisia Gentileschis eigener Erfahrung mit Gewalt und Unterdrückung.

In den folgenden Jahrzehnten arbeitete sie in verschiedenen italienischen Städten und zeitweise auch in England. Sie schuf religiöse und mythologische Szenen, die durch ihre dramatische Lichtführung und die psychologische Tiefe der Figuren beeindrucken, welche mich natürlich, auch an Caravaggio erinnern. Bis zu ihrem Tod um 1654 blieb sie eine produktive und gefragte Künstlerin. Zu Lebzeiten durchaus berühmt und erfolgreich geriet sie nach ihrem Tod dennoch schnell in Vergessenheit – vermutlich weil sie eine Frau war – ihre Werke wurden fälschlicherweise teils den männlichen Kollegen ihrer Zeit zugeschrieben. Heute gilt Artemisia Gentileschi nicht nur als eine der bedeutendsten Malerinnen ihrer Zeit, sondern auch als Symbol für weibliche Selbstbehauptung. Ihr Leben zeigt, wie eine Frau trotz schwerster persönlicher und gesellschaftlicher Widerstände ihren Weg gehen konnte – und wie Kunst zu einem Mittel wurde, Schmerz in Ausdruck und Stärke zu verwandeln.


Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5458
Format: 700 x 500 mm
November 2025

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