Hilden (RP). Der renommierte Grafiker, Designer und Maler Andreas Noßmann präsentiert im Haus Hildener Künstler seine virtuose Zeichenkunst.
Sie sind voll beißender düsterer Satire, erzählen fabulierend von menschlichen Teufeleien. Mit Stift und Feder zaubert der international bekannte Designer, Grafiker und Maler Andreas Noßmann eine ganz eigene bedrohliche Welt der Begierden, der Süchte und Verirrungen. Gestern bestaunte eine große Besucherzahl im H6 die virtuos gezeichneten Fantasien des in Hilden geborenen Künstlers. Es ist seine dritte und zugleich seine Geburtstags-Ausstellung. Der Titel „50ter – Zeichnungen – 4 Wände – 4 Themen“ weist auf unterschiedliche Facetten seiner Kunst hin.
Das Vokabular des Bösen beherrscht zwei Wände der Galerie. Da ist die Serie „Die 7 Todsünden“, überwiegend Großformatiges. Noßmann entführt den Betrachter ins Reich der Finsternis. In Graphit grundiert, sind es gerade die, mit Farbstift und Aquarell nachkolorierten Fragmente, die den Bildern eine erschreckende Plastizität verleihen. Wie in der Todsünde „Zorn“. Zeigt eine „Jesus am Kreuz“ Allegorie – Der blutende gepeinigte Heiland inmitten des, durch alle Zeiten hindurch, geifernden, erbarmungslosen Pöbels. Daneben zieht die „Unmäßigkeit“ in Bann. Eine Art Vexierbild mit einem düsteren Reigen entblößter Wesen und Kuttenträgern, die Diabolisches und Hemmungsloses in bizarrer Strichführung vereint. Was für eine Fülle abstoßender Details, Fratzen und übler Gestalten tummelt sich hier, mit der der Künstler die menschliche Fassade bröckeln lässt.
Nichts davon sieht man Noßmann an. Ein liebenswürdiger charmanter Künstler. Kein aggressives Leuchten in den Augen, kein diabolischer Blick. „Ich verarbeite eben das Böse in mir in meinen Bilder“, sagt Noßmann und lacht. Seit seinem Studium in Wuppertal ist er seinen künstlerischen Intentionen als Satiriker und Karikaturist treu geblieben. Hat sich schon früh mit der dunklen Seite so manchen Genies zeichnerisch beschäftigt, wie mit Mozart. Und die Bildsprache des großen Spaniers Goya hat es Noßmann besonders angetan. „Seine Radierungen faszinieren mich“, sagt er. „Oft in Fabeln, um nicht aufzufallen, spottete Goya über Missstände in seinem Land, über den Klerus und auch seine abergläubigen Landsleute.“ Dazu hat Noßmann schon lange ein eigenes satirisches Pendant geschaffen. Eine Wand lang, brillant gestrichelt, hängen seine „Variationen zu Goya“. Man blickt schaudernd auf ein mittelalterliches Inferno, auf einen opulent gezeichneten Totentanz. Im Fokus Dünkel, Wollust, Sardonisches. Da sitzt eine halbnackte Dirne inmitten skurriler, widerwärtiger Gestalten. Versehen mit dem Text: „Ob groß, ob klein, alle werden ihre Kunden sein“. Noßmann nimmt die Frau als Lust- und Kaufobjekt und die Kriegsgräuel mit verletzten, von der Obrigkeit ausgebeuteten Soldaten, ins Visier.
Doch neben diesen verstörenden Elementen setzt er mit Porträts und Landschaften einen Kontrapunkt. Einen ganz eigenen Charme besitzen seine Landschafts-Federzeichnungen. „Ich habe sie auf alten Papieren aus Grundbuchakten, die ich in Thüringen fand, gezeichnet“, schmunzelt Noßmann. Und sensibel hat er in schwarzweiß oder in zarten Farben in den Porträts berühmter Zeitgenossen den Charakter herausgearbeitet. Er zeichnet täglich. Nach der Fertigstellung der „Todsünden“ will er sich Dante zeichnerisch nähern.
VON ASTRID SCHOENE (Quelle RP-Online )