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Der schmale Grat

In einer Welt, die von scheinbar zufälligen Faktoren wie Geburtsort und sozialer Herkunft beeinflusst wird, stehen sich Armut und Reichtum oft als unüberwindbare Grenzen gegenüber. Die Statistiken zeigen deutlich, dass die Stunde unserer Geburt unseren Lebensweg vorzeichnet und in vielen Fällen darüber entscheidet, ob wir dem Schicksal der Armut ausgeliefert sind oder die Möglichkeit haben, unser Leben selbst zu gestalten. Es scheint, als ob der freie Wille, in dieser Frage, nur begrenzt zum Tragen kommt, denn die Möglichkeiten, die uns das Leben reicht, werden nicht von uns selbst gewählt – sie werden uns aufgezwungen. In einer Gesellschaft aber, wie der unseren, in der der Zugang zu Bildung und Studium eigentlich für alle gleich sein sollte, sind es aber auch immer noch die Umstände der Herkunft, die sozialen Verhältnisse, die prägend dafür sind, ob diese auch voll ausgeschöpft und genutzt werden, oder eben auch nicht. Der Traum von sozialer Gleichheit, ist somit reine Utopie. Denn Mensch, bleibt Mensch! Die Geschichten von den wenigen, die es geschafft haben, sich aus schwierigen Verhältnissen zu befreien und zu Wohlstand zu gelangen, sind Inspirationsquellen für viele. Doch für jeden „Tellerwäscher“, der es zum Millionär bringt, gibt es Abermillionen, die stoisch in ihren prekären Verhältnissen verharren, ohne Blick auf einen anderen Weg. Und dies zumeist deshalb, weil sie keine andere Welt kennen, als die der Eigenen.

Extreme Kontraste zwischen Armut und Reichtum manifestieren sich nicht nur in den großen gesellschaftlichen Strukturen, sondern auch auf individueller Ebene, oft an Orten, die scheinbar weit entfernt von sozialen Fragestellungen liegen. Ein treffendes Beispiel hierfür sind Kreuzfahrtschiffe, auf deren dutzenden von Decks Luxus und Überfluss zur Selbstverständlichkeit gehören. Während die Passagiere auf diesen schwimmenden Palästen in den Genuss von unvergesslichen Sonnenuntergängen, feinen Speisen und exklusiven Annehmlichkeiten kommen, sind viele der Besatzungsmitglieder oft unsichtbar im Hintergrund tätig, häufig unter Bedingungen, die allzu widrig, ja, erbärmlich sind – und vermutlich auch kein gut zahlender Gast je zu sehen wünscht. Die Kluft zwischen denjenigen, die den Traum eines luxuriösen Urlaubs erleben, und denen, die für allzu wenig Geld hart arbeiten, um diesen Traum zu ermöglichen, ist ein Mikrokosmos gesellschaftlicher Ungleichheit. Auch auf den zahlreichen Toiletten von Tankstellen, an den Autobahnen, einem Ort, der scheinbar für schnelle und praktische Bedürfnisse geschaffen ist, spiegeln sich die Gegensätze wider. Hier begegnen sich Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen, eher unfreiwillig, auf engstem, zumeist übelst riechendem Raum.

Armut und Reichtum – Eigentlich, ein schmaler Grat. Denn das Eine existiert nur deshalb, weil es das Andere gibt.

Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5361
Format: 500 x 350 mm
November 2023