Fast ist es, als wäre Noßmann nie fort gewesen. Sein leichter und doch so sicherer Strich erzählt noch immer die alten, aber spannenden Geschichten. Voller Ironie geht es um die heimlichen Sehnsüchte oder Befürchtungen der Menschen. Es geht um Intrigen, um Lust und um Laster. Noßmanns Bilder entlarven die Gauner im Anzug und lassen die langen Schatten der Vergangenheit Motiv werden. Selbst dann, wenn „Märchen, Mythen und Legenden“ wie in dieser Ausstellung die Klammer sind für kolorierte Kugelschreiberzeichnungen, die bisweilen in extremen Formaten daher kommen.
Unweigerlich wird der Betrachter der dunklen Märchen-Szenen an Nossmanns „Schwarzen Zeichnungen“ erinnert. Mit Hilfe des sparsamen Lichtes, das zum Teil als Nicht-Farbe, also als weißer Untergrund, daher kommt, inszeniert der Künstler wieder seine diabolischen Szenen und Tricks. Wer sich einlässt auf die detailreichen Werke, erkennt die Fratzen und Gnome der anderen Welt. Zum Beispiel bei „Hänsel und Gretel“, die sich an der Hand haltend durch einen dunklen Hohlweg wagen. Die Kinder, die bereits die Lichtung am Ende des Waldes sehen können, bemerken nicht die Totenmaske, die im Blätterwerk ihren Weg überschattet.
Um Schatten geht es auch in dem Bild, das der Ausstellung ihren Namen gab. Märchen, Mythen und Legenden – alle aufgeschrieben in dicken Büchern. Sie enthalten nicht nur die Erinnerungen an die Helden aufrecht. In ihnen finden sich auch die Geschichten über die Kriegstreiber. Das Wissen der Generationen, das aus tausenden Seiten bedruckten Papiers dem Leser lebendig wird, hat den Bücherwurm auf diesem Blatt bereits gebeugt. Fast scheint es, als würde das Wissen um die eigene Vergangenheit den Menschen einholen – manchmal wie ein dunkler Schatten.
Und doch ist nicht alles wie früher. Die Typen in den Motiven sind älter geworden. Für Noßmann, dessen Werke stets starke autobiografische Züge trägt, ein ganz normales Phänomen: „Ich gehe offensichtlich in Kneipen mit älterem Publikum. Vermutlich, damit ich mich jünger fühle.“ Besonders manifest wird das bei dem zauberhaften Nachtgeflüster-Zyklus, der Szenen aus Clubs und Bars beschreibt. Verraucht, versoffen, verschmitzt. Die Frauen noch immer eine Spur zu schrill, die Männer bezecht und auf der Suche nach einer Eroberung. Noßmann beschreibt Sehsüchte und Abgründe des Seins. Er zitiert mit sauberem Strich Gier und Begierde. Der Künstler hält der Gesellschaft den Spiegel vor.
Wer sich einlassen will auf die satirischen Mythen und Legenden des Andreas Noßmann, der übrigens seit sechs Jahren in Brühl wohnt und arbeitet, hat dazu ab Freitag Gelegenheit in der Galerie „Villa Hühn“, Berger See 121 in Gevelsberg. Die Ausstellung ist bis zum 2.Dezmeber zu sehen. Die Vernissage beginnt am Sonntag um 12 Uhr.
von Torsten Berninghaus
Andreas Noßmann zeigt Grafik ab Sonntag in der Galerie Villa Hühn
Außerdem zwei Veranstaltungen mit dem „LiteraTour Theater“
Gevelsberg. Zehn Jahre gibt es die Galerie Villa Hühn nun schon. Unter dem Titel „Märchen, Mythen und Legenden“ zeigt Andreas Noßmann vom 11.November bis 2.Dezember Zeichnungen und Grafiken. Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 11 November, um 12 Uhr in Anwesenheit des Künstlers.
Am Freitag, 16 November folgt um 19 Uhr ein Heine Abend („Und viele Bücher trag ich im Kopf“) mit dem LiteraTour Theater von Indra Janorschke und Dario Weberg und am Sonnatg, 2. Dezember, um 12 Uhr die Finisage mit einem Goethe-Nachmittag („Die Museen hab´ich stets geachtet“), ebenfalls mit dem LietraTour Theater.
Der 1962 in Hilden geborene Zeichner und Grafiker Andreas Noßmann, der mit zahlreichen Ausstellungen im gesamten Bundesgebietpäsentiert ist, schöpft seine Inspiration für seine heiter-satirischen Bilder nicht nur aus einer immer wachen und genauen Beobachtung unserer Alltagswelten. Er ist auch ein leidenschaftlicher Büchefreund, vertraut mit Anekdoten und Geschcihten aus der Kunst ebenso wie mit Märchen, Mythen und Legenden, deren Protagonisten er mit treffsicherer Feder zum Leben erweckt.
Voranmelungen für die Theater-Veranstaltungen (10€ Eintritt): Galerie Villa Hühn, Zum Berger See 121, Tel. 02332/60310, Fax. 02332/65564, E-mail: info@galerie-villa.huehn.de, Homepage, www.galerie-villa-huehn.de.