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Kuss des Judas – Symbol eines ewigen Verrats


Der sogenannte Judaskuss ist eine der bekanntesten Szenen der christlichen Überlieferung und ein Sinnbild für Verrat, welcher weit über den religiösen Kontext hinaus in Sprache, Kunst und Kultur eingegangen ist. Er steht für die paradoxe Verbindung von Nähe und Täuschung – ein Kuss, der nicht Zuneigung, sondern Auslieferung bedeutet.

Die Szene spielt sich im Garten Gethsemane ab, kurz nach dem letzten Abendmahl. Jesus weiß, dass seine Stunde gekommen ist. Judas Iskariot, einer der zwölf Jünger, hat sich mit den Hohepriestern und Tempelwächtern verbündet. Für 30 Silberlinge – eine symbolische Summe, die später zum Inbegriff für Bestechung und moralischen Ausverkauf wurde – hat er sich bereit erklärt, Jesus zu verraten. Der Kuss dient als vereinbartes Zeichen: Der Mann, den Judas küsst, ist Jesus von Nazareth, den die Soldaten festnehmen sollen. Diese Geste ist von erschütternder Doppelbödigkeit. Der Kuss, eigentlich Ausdruck von Liebe und Vertrauen, wird zur Waffe. Er ist kein Angriff mit dem Schwert, sondern ein Angriff mit Intimität. Gerade diese Umkehrung macht den Judaskuss so wirkmächtig. Er zeigt, dass Verrat oft nicht von außen kommt, sondern aus dem engsten Kreis – von Freunden, Vertrauten, Weggefährten.

In der christlichen Tradition wird Judas als der große Verräter dargestellt. Doch die Deutungen sind vielfältig. Einige apokryphe Schriften, wie das sogenannte Judasevangelium, zeichnen ein anderes Bild: Judas habe Jesus nicht aus Eigennutz verraten, sondern auf dessen Bitte hin, um den göttlichen Plan zu erfüllen. Diese Sichtweise stellt die Frage, ob Judas wirklich der Bösewicht war – oder nur ein tragischer Erfüllungsgehilfe.

Unabhängig von theologischen Interpretationen hat der Judaskuss Eingang in die Alltagssprache gefunden. Wer scheinbar freundlich handelt, aber hinterrücks schadet, wird oft mit diesem Begriff belegt. In der Politik, in der Literatur, in persönlichen Beziehungen – der Judaskuss ist ein universelles Symbol für Heuchelei und Verrat. Auch in der Kunst ist die Szene vielfach dargestellt worden. Von Giottos Fresken bis zu modernen Interpretationen zeigt sich die emotionale Wucht dieses Moments. Der Blick zwischen Jesus und Judas, die Nähe der Gesichter, die Spannung zwischen Geste und Absicht – all das macht den Judaskuss zu einem ikonischen Motiv.


Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5454
Format: 500 x 500 mm
November 2025

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