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Über die Zeichenunterlage wirbelt ein tanzender Strich

Andreas Noßmann-Ausstellung ist noch bis zum 25. November in der Villa Maria zusehen / Künstler wurde Wettbewerbssieger .

N e u e n k i r c h e n – Im Haus des kleinen Vereins für Kunst und Kultur der „Villa Maria“ in Neuenkirchen sind seit dem 26. Oktober 1989 Arbeiten des auch über seine Heimat hinaus bekannten Wittener Künstlers Andreas Noßmann ausgestellt. Die noch bis zum 25. November zu sehenden Exponate zeigen die sehr eigenwillige Arbeitsweise und die stark pointierte thematische Auffassung des noch recht jungen Künstlers.

Geht man von Bild zu Bild durch diese Ausstellung, so kann man gar nicht so recht glauben, daß dies ein erst 27jähriger angefertigt hat; so gelungen erscheinen die Originalradierungen und -zeichnungen. Ein eigenständiger Stil wird sichtbar und vermittelt ohne Umschweif das hohe handwerkliche Können des Witteners. Zu sehen sind in der Ausstellung seine drei Zyklen aus dem Bereich der Musik. Vordergründig ist das Thema Musik in den Raum gestellt, aber es geht vielmehr um die Menschen, die sich dieser Muse mit ihrem ganzen Leben geopfert haben oder auch geopfert worden sind.

Zu diesen Opfern gehört der Violinenvirtuose Paganini. Andreas Noßmann widmet ihm einen ganzen Zyklus von Radierungen und verschiedene Zeichnungen. Das Leben dieses Genies ist trotz aller wissenschaftlichen Aufbereitungen nach wie vor von Okkultem umgeben. Es wird berichtet, daß ein Engel der Mutter Paganini nachts erschienen ist und ihr offenbart hat, daß ihr Sohn das Talent zum größten Geigenspieler aller Zeiten in sich habe. Der aus diesem Traum erwachsene Wahn der Mutter – und auch des Vaters – wird für „Klein-Paganini“ zum lebenslangen Schicksalspfad. Noßmann gelingt es, diese „geplante und total gesteuerte Kindheit“ bildlich dramatisch umzusetzen. In all den Bildern erscheint die „Krone der Violinkunst“, die es für Paganini zu erobern gilt. Andreas Noßmanns vier Radierungen weisen punktuell die Stationen auf, sozusagen von der Geburt bis hin zum Höhepunkt seiner Karriere: „Klein-Paganini und Mutter Teresa“, „Krönungsvariation“ sowie „die Metamorphose“ und die „Affäre Cavanna“.

In seinem zweiten Zyklus „Mozart“ zeigt der Künstler Andreas Noßmann Hintergründiges und Mythisches, das sich um das Leben des Komponisten Amadeus rankt. Noßmann symbolisiert, setzt gezielt Schwerpunkte an. Die Zeichnung um das „Requiem KV 626“ von Mozart bringt skurrile Szenen auf das Papier. Da sitzt in sich zusammengesunken und bereits in das Totentuch eingeschnürt der nicht mehr komponieren könnende Mozart vor seinem Klavierflügel. Das Tintenfaß mit der Rohrfeder, die er für das Komponieren so dringend benötigte – beide Teile liegen weit von ihm entfernt auf dem Boden. Seine Zeit ist es nicht mehr, der Tod hat ihm sein Leben und die Musik genommen. Es liegt noch eine Steigerung vor: Der Tod „spielt die Geige“. Was bleibt, ist der Name Mozart und seine Musik. Dieses Bild ist ein sehr ausdrucksstarkes Werk, mit dem man sich beschäftigen muß, um es zu verstehen.

Allen Arbeiten des Künstlers Noßmann ist die unverwechselbare Handschrift gemein, die faszinierende Art seiner Strichführung. Es ist der „musikalisch initiierte, tanzende Strich“, der über der Zeichenunterlage hin- und herwirbelt und die gesamte Dynamik und Spannung herbeizaubert. So treffen sich die zumeist gebogenen, runden oder ovalen Linien und verdichten sich in einem Punkt der Bilddarstellung zum Figürlichen. Andreas Noßmann hat die Gabe, seine Bilder „aus dem Handgelenk malen zu können“; alle Bilder zeigen trotz der thematischen Aspekte die Leichtigkeit, hinter der aber auch sehr viel Übung und Studienfleiß steht. Die Techniken, derer er sich bedient, sind neben dem sparsam eingesetzten Aquarellzeichnen die Blei- und Farbstiftzeichnung sowie die Federzeichnung. Er arbeitet aber auch mit Kugelschreiber und mit so ungewohnten Mitteln wie Holzbeize und verschiedenartigen Collagemitteln. Seine Radierungen sind Stric- und Aquatintaätzungen, zumeist arbeitet er mit zwei Platten, in die er spiegelverkehrt das Motiv einritzt.

Vor kurzem ist Andreas Noßmann als Sieger aus einem Wettbewerb hervorgegangen: Das Aalto Theater in Essen prämierte sein Plakat für die Spielsaison 1989/90 (Thema: Jacques Offenbach) mit dem ersten Preis. Auch dieses Plakat ist in der Ausstellung zu sehen. Geöffnet ist die „Villa Maria“ dienstags bis sonntags von 14 bis 18.30 Uhr, donnerstags bis 20.30 Uhr.

Rheine 26.11.89

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