Spätestens seit dem Mittelalter ist die Darstellung des Todes, ebenso wie die des göttlichen, die von Dämonen und dem Teufel, ein fester Bestandteil in der bildenden Kunst. Sie folgt hier dem ewigen Verlangen und Streben des Menschen dem nicht greifbaren, dem unerklärlichem, höheren, nicht sichtbaren Wesen zuzuordnen, also Götter und Dämonen zu erschaffen und jenen nicht nur Namen, sondern auch gleich Gestalt zu verleihen.
Auch wenn wir heute, in unserer aufgeklärten, säkularisierten Welt, nicht mehr irgendwelchen Göttern, Dämonen oder gar dem Teufel die Schuld an einer Missernte oder sinkenden Aktienkursen geben wollen, so ist doch unser eigenes Leben und dessen allzu gewisse Vergänglichkeit an sich immer noch etwas, was großes Unbehagen bereitet. Verständlich – denn ebenso zufällig und ungefragt uns das Leben geschenkt wird, ebenso zufällig und ungefragt wird es uns wieder genommen. Es gibt im Grunde keine Regel die da heißt: Lebe gesund und du wirst garantiert 100 Jahre alt. Es gibt nur die Mahnung, hinsichtlich der vermeintlichen Erkenntnis, das wenn man sich auf all die weltlichen (teuflischen) Verführungen einlässt, der Tod uns dann anscheinend schneller heimsuchen könnte. Aber wirklich sicher ist das auch nicht. Nichts ist sicher!
Der Tod ist nicht der Teufel !
Während sich die Darstellung des Teufels in der bildenden Kunst über die Jahrhunderte zahlreicher, bildnerischer Variationen und Neuerfindungen erfreute, so ist die des Gevatter Todes im Grunde fast immer gleich geblieben: Seit dem Mittelalter und deren ersten großen Pestwellen, als das übergroße Skelett, bewaffnet mit einer bedrohlich großen Sense, um gleich ganze Menschenmassen dahinzumähen. So kennt man die Darstellung des Todes auch heute noch. Verständlich, denn der Tod ist kein in ein immer neuem Gewand auftretender Verführer um die Menschen hin zur Hölle zu verleiten – er ist nur das Ende des Lebens, auch wenn wir das wann, wie und warum nie begreifen werden. Aber auch ER anscheinend nicht. Ein Beispiel aus der modernen Literatur: Im Roman Die Bücherdiebin von Markus Zusak, von 2005, agiert der Tod sogar als fiktiver Erzähler einer bewegenden Geschichte um ein kleines Mädchen, ohne aber auch hier anscheinend tatsächlich selber zu wissen, warum ER sich von einem apokalyptischen Weltenbrand ebenso angezogen fühlt wie zu einer zufälligen, unschuldigen, kindlichen Seele. Man darf es der literarischen Freiheit zuordnen, das sich der Tod, hier im Buch, angesichts dieser unkontrollierbaren Willkür seines Tuns, in Selbstzweifel geraten könnte …
Es ist somit natürlich das große Vorrecht der Kunst allem menschlichem Sein und Handeln, aber auch dem Unerklärlichem, dem vermeintlich Übernatürlichem, Gestalt zu geben. Somit kann ich kann ich mit IHM über mir ganz gut leben. Zumindest im Bilde. Ich weiß, ER sitzt mir im Nacken und ich hoffe, ER lässt mir noch ein wenig Zeit.
Tatsache aber ist, mit ihm diskutieren kann man nicht, denn ER existiert natürlich auch nicht, zumindest nicht so – als Sensenmann!
Federzeichnung, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5215
Format:500 x 580 mm
März 2020