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Zehntausend Besucher in der Abtei

Pulheim-Brauweiler – Gewaltige Männerstimmen hallten im Kaisersaal der Abtei Brauweiler und drangen in die anderen Räume des Prälaturgebäudes. Zwar hatten die Sänger des MGV „Eintracht“ Dansweiler im Saal selber nur wenige Zuschauer, doch ihr wohlklingender Gesang beflügelte so manch einen Besucher der 19. Kunsttage Rhein-Erft. Vor dem Eingang des Kaisersaals zogen vor allem die Zeichnungen des Andreas Noßmann die Blicke auf sich.

Mit Kugelschreiber, Tusche und Farbstift kreiert der Brühler Künstler skurrile Gestalten und Szenen, die nicht selten morbid anmuten: düstere Geistergestalten, eine Harlekinfigur mit einem Totenschädel als Kopf, eine Menschengruppe an einer Theke. Immer wieder dringt aus den Szenen die versteckte Ironie, mit der der Künstler seine Figuren zu inszenieren scheint. Nicht selten blieb da bei den Kunsttagen ein Besucher ungewöhnlich lange vor einer der Zeichnungen stehen, um die darin erzählte Geschichte in Ruhe auf sich wirken zu lassen.

Einen gelungenen Kontrast zu den Noßmann-Zeichnungen bildeten die kleinformatigen abstrakten Werke von Rita Eller direkt gegenüber. Auf kleinem Raum spielt die Künstlerin mit lebendigen Farben und Formen, lässt freudige Pastelltöne auf der Leinwand wachsen und gelegentlich einmal ein knalliges Rot förmlich explodieren.

Bruchstückartige Szenen
Im Prälaturgebäude präsentierten sich die Kunstvereine im Rhein-Erft-Kreis, die zwei Künstler ins Rennen geschickt hatten: Shaikh Amin Kohen aus Brühl und die Frechenerin Brigitte Reinert, die in ihren reizvollen Werken bruchstückartige Szenen festhält, die sich dem Betrachter erst nach einiger Zeit und mit Fantasie erschließen. Kunst in einer reinen Form genossen die Besucher auch im Dr.-Gierden-Saal, wo es ausschließlich Malerei – dafür aber der verschiedensten Art – zu entdecken gab.

Während es in den Sälen eher ruhig, beinahe besinnlich zuging, nutzten die Besucher die Exponate in den Innenhöfen der Abtei, um zu schlendern und sich mit den Künstlern und anderen Betrachtern frei über die Ausstellungsstücke zu unterhalten. Zeitweise glich der Betrieb im Kreuzgang einem Kunstmarkt: Bildhauer, Maler, Keramiker hatten dort im Karree ihre Stände aufgebaut, was für eine Auflockerung der Atmosphäre sorgte.

Leben und Tod
Figuren der Mythologie bestimmten den östlichen Marienhof. Die Skulpturen von Yvonne Mümo-Neumann sprechen eine tiefgründige Sprache, beispielsweise das Figurenpaar „Dies und Nox“ – Tag und Nacht – eine weibliche Figur mit einem sonnenähnlichen Kopf und eine männliche mit einer Mondsichel. „Sie können genauso für die Gegensätze Leben und Tod, Geben und Nehmen, Freude und Trauer stehen“, interpretierte Besucher Herbert Grätz mit seiner Frau.

Neben den tiefgründigen Themen gab es auch Kunstfiguren, die einfach nur amüsierten. „Diese Fische sind einfach klasse“, sagte Brigitte Flohr und deutete auf die Skulpturen von Jürgen Heinz, die im Prälaturhof aufgebaut waren. Zwei Stahlfische standen sich da gegenüber. Jeder aus mehreren Teilen bestehend, die zudem auf langen Stangen befestigt waren. Bei jedem Windhauch bewegten sich die Tiere, als wenn sie beide ausweichen wollten. „Ich komme jedes Jahr zu den Kunsttagen,“ erzählte Brigitte Flohr weiter. „Hier gibt es immer eine geschmackvolle Auswahl zu sehen, die viele unterschiedliche Kunstinteressen abdecken.“ Zur besseren Orientierung konnten sich die Besucher der Künstlerin Rose Marie Gnausch anschließen, die durch die gesamte Ausstellung führte.

Kunst im Stillen – in den Sälen, in den Gebäuden und in der Kapelle der Abtei – genießen, aber auch Kunst unter freiem Himmel anfassen und diskutieren können: beides wurde bei den Kunsttagen in der Abtei genutzt. Dieser Kontrast, der sich durch die räumliche Aufteilung der verschiedenen Kunstarten bot, kam an. Nach Schätzungen von Engelbert Schmitz, Leiter der Kulturabteilung beim Rhein-Erft-Kreis, hatten am Wochenende 10 000 Kunstfreunde die Abtei besucht.

Kölner Stadtanzeiger – BRITTA HAVLICEK

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