In George Orwells Farm der Tiere ist der stets schlecht gelaunte Esel Benjamin das älteste Tier des Hofes. Ebenso weise wie zynisch, sieht er die revolutionären Schweine, die Revolution an sich, von Anfang an doch eher skeptisch. Es ist auch das einzige Tier, welches, wie die Schweine auch, lesen kann und gebildet ist. Somit beäugt er die ständig neuen schriftlichen Proklamationen, Verfügungen und Anordnungen des Revolutionstribunals stets sehr genau und kommentiert diese zumeist nur mit einem verächtlichen Blick. Benjamin, der Esel, verkörpert in dieser bitterbösen Tierfabel, die sogenannte Intelligenzija, die sogenannte, im inneren Exil lebende geistige Elite, zu Zeiten des Stalinismus.
Der alte Esel ist vor allem dem kräftigen Arbeitstier, dem Pferd Boxer, welches ja im Grunde die ganze Arbeit alleine auf dem Hof leisten muss, mehr als nur freundschaftlich zugetan. Benjamin, der bei weitem nicht über diese Kraft des Boxers verfügt, begleitet seinen besten Freund dennoch von Morgens, bis spät in den Abend hinein, vorsorgt ihn mit dem nötigsten, wie Wasser und ein wenig Stroh. Aber auch den Stärksten verlassen irgendwann einmal die Kräfte. Boxer bricht unter der ständig anwachsenden Arbeitsbelastung vor Erschöpfung zusammen. Alle Tiere der Farm verlangen sofort nach einem Arzt, doch die Schweine bestellen stattdessen nur einen Abdecker, um auch noch das letzte aus ihrem einstigem Arbeitstier herauszupressen.
Als nun auch noch das kleine dickliche Schwein Schwatzwutz (vermutlich ist damit Wjatscheslaw Molotow gemeint) eine propagandistische Rede, einen allzu verlogenen Nachruf zu Ehren von Boxer hält, ist für Benjamin das Maß in Sachen Revolution nun endgültig voll.
Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5349
Format: 700 x 450 mm
Juni 2023