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Dionysos

Dionysos ist eine der faszinierendsten und komplexesten Figuren der griechischen Mythologie. Er ist der Gott des Weins, des Rausches, der Ekstase, des Theaters und der Fruchtbarkeit. Gleichzeitig verkörpert er den Wahnsinn, die Grenzüberschreitung und die Auflösung von sozialen und individuellen Grenzen. Dionysos gehört zu den jüngsten Göttern des griechischen Pantheons, und seine Herkunft ist sowohl mythologisch als auch geografisch vielfältig. Als Sohn des Zeus und der sterblichen Semele wird er in vielen Erzählungen „der zweimal Geborene“ genannt, da Zeus ihn nach Semeles Tod in seinen Oberschenkel einnähte, um ihn vor seiner rachsüchtigen Frau Hera zu verstecken und um ihn später selbst zur Welt zu bringen. In anderen Varianten ist Persephone seine Mutter (Göttin der Unterwelt und Gattin des Hades), was seinen Bezug zur Unterwelt und zur Wiedergeburt verstärkt. Dionysos’ Kult hat vermutlich östliche Wurzeln, möglicherweise in Phrygien oder Lydien, und seine exotische Herkunft spiegelt sich in den Mythen wider, die ihn als wandernden Gott darstellen, der sich erst die Anerkennung in Griechenland erkämpfen musste.

Die Wirkung des Dionysos zeigt sich in vielen Facetten. Als Gott des Weins brachte er den Menschen nicht nur das Getränk selbst, sondern auch den Zustand des Rausches, der zwischen Vernunft und Wahnsinn liegt. Der Rausch, den er verkörpert, zeigt sowohl die befreiende als auch die zerstörerische Kraft des Dionysischen. In den ekstatischen Riten seines Kultes, die von Tänzen, Musik und Trance geprägt waren, fanden seine Anhänger eine Auflösung des Alltäglichen und des Individuellen. Besonders die Mänaden, seine ekstatischen Begleiterinnen, waren berüchtigt für ihre wilde Hingabe und die Grenzüberschreitungen, die sie im Namen des Gottes vollzogen. Dionysos wird auch mit dem Theater und der Kunst in Verbindung gebracht. Die Tragödie und Komödie entstanden aus den dionysischen Festen, den sogenannten Dionysien, und er gilt als Schutzgott des Theaters. Die Masken des Theaters, die das Überschreiten der eigenen Identität symbolisieren, stehen sinnbildlich für die dionysische Erfahrung.

Auch als Gott der Fruchtbarkeit und der Natur verkörpert Dionysos die Zyklen von Leben, Tod und Wiedergeburt. In seinem Wesen spiegelt sich die Einheit von Zerstörung und Erneuerung wider, die die Natur und das Leben prägen. Er überschreitet nicht nur die Grenzen zwischen Göttern und Sterblichen, sondern auch die zwischen Männern und Frauen, Leben und Tod, Ordnung und Chaos. In dieser Hinsicht ist er ein Gott der Ambivalenzen, der die Widersprüche des Lebens nicht nur vereint, sondern feiert.

Friedrich Nietzsche – Philosophie und Wirklichkeit
Blattformat: 70 x 90 cm
Motivformat ca. 50 x 70 cm
Limitiert: Auflage 25
380 €

Der Begriff des Dionysischen, der besonders durch Friedrich Nietzsche geprägt wurde, verleiht dieser mythologischen Figur eine tiefere philosophische Dimension. In seinem Werk „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ beschreibt Nietzsche das Dionysische als ästhetisches und existentielles Prinzip, das dem Apollinischen gegenübersteht. Während Apollon für Ordnung, Klarheit, Maß und rationale Schönheit steht, repräsentiert das Dionysische Chaos, Rausch, Ekstase und die Auflösung von Grenzen. Beide Prinzipien wirken in der Kunst, besonders in der griechischen Tragödie, zusammen und schaffen eine Spannung, die das Wesen des Menschlichen reflektiert. Das Dionysische konfrontiert den Menschen mit der fundamentalen Unordnung und dem Leiden der Welt, ermöglicht jedoch gleichzeitig eine ekstatische Bejahung des Lebens in all seiner Ambivalenz.

Dionysos ist somit ein Gott der Widersprüche, der das Leben in seiner gesamten Komplexität und Tiefe verkörpert. Seine Mythen, sein Kult und die Idee des Dionysischen sind Ausdruck des Unbewussten und der Kräfte, die jenseits der menschlichen Kontrolle liegen. In Kunst und Philosophie bleibt er eine Schlüsselfigur, die unsere Vorstellungen von Kreativität, Ekstase und menschlicher Erfahrung nachhaltig prägt.

Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5395
Format: 500 x 300 mm
Januar 2025