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Hephaistos

Er ist vermutlich einer jener Söhne des allzu großen Göttervaters Zeus, dessen Name nur noch wenigen bekannt sein dürfte. Aber gerade dieser Vergessene trug wahrscheinlich mehr zum Erscheinungsbild und Wesen dieser Welt bei, als alle anderen Götter zusammen – wenn auch zumeist eher unfreiwillig.

Als Zeus nun beschloss, hoch oben über den Wolken, für sich und die Seinen seinen Herrschaftsbereich einzurichten, war es sein Sohn Hephaistos, welcher ganz im Sinne seines Vaters, den Olymp, mit all seiner gänzlich übernatürlichen Pracht und Vollendung, erbaute. Dort nun, an seiner sich dort selbst eingerichteten Schmiede, erschuf er dann nicht nur jene fürchterlichen Waffen, mit denen die Götter des Olymps zukünftig in den Krieg ziehen würden, sondern auch Schmuck und Geschmeide in höchster Vollendung und von unübertrefflicher Schönheit.

Doch die Jahrtausende, in denen Hephaistos tagtäglich an seiner Schmiede stehend den Bedürfnissen seines Vaters und derer des gesamten Olymps nachkommen musste, veränderten ihn zunehmend auch äußerlich. Sein gesamter Körper zeigte sich, dem ewig schwingendem schweren Schmiedehammer geschuldet, einseitig zu verkrümmen. Er begann zu hinken. Seine Haut, welche stets der großen Hitze des Schmiedefeuers ausgesetzt war, verdunkelte sich, zeigte Risse und fühlte sich immer mehr man an wie raues, unbehandeltes Leder. Und auch sein Antlitz, sein Gesicht, alterten immer mehr durch seinen immerwährenden Blick in die Abgründe ewig glühender Flammen und durch den stets von seiner Stirn herab fließenden, beißenden Schweiß. Er ergraute, und seine überwuchernde Haarpracht und die immer länger werdender Barttracht nahmen die Farbe jenes Rauches an, welcher er, wie selbstverständlich, Tag für Tag, wie die Luft zum Atmen, in sich einsog. Rein äußerlich war Hephaistos somit das komplette Gegenteil seiner Götterbrüder, wie Apollon oder Ares, Abbilder ewiger Jugend, Schönheit und die Inkarnation jedweder männlicher Wohlgefälligkeit.

Doch ausgerechnet Aphrodite erwählte Hephaistos zu ihrem Gatten, den vermeintlich unattraktivsten Sohn des Zeus, um dort oben im Olymp einen dauerhaften Sitz zu ergattern. Und natürlich betrog sie ihn, vom ersten Tag an, mit seinem eigenen Bruder Ares, dem grausamen Gott des Krieges, und zeugte mit ihm sogar zehn Kinder. Helios, als er wieder einmal einem neuen Tag, über der Erde schwebend und alles sehen könnend, erneutes Erwachen einhauchen wollte, erspähte er Aphrodite und Ares beim wiederholtem, heimlichen Liebesakt und verriet nun diese an den armen Götterschmied. Dieser ersann nun eine List um beide am kommenden Tage vor allen Göttern bloßzustellen. Und auch wenn dies gelang, so ging doch Hephaistos aus dieser Affäre als Verlierer hervor, denn ein jeder seiner Brüder, selbst sein eigener Vater, hätte wohl gerne mit Ares die Rolle getauscht. Er hatte sich lächerlich gemacht.

Die Strandung der Aphrodite
Kugelschreiber, Farbstift, Aquarell
Dvz. 1468
Format: 160 x 25 mm
30.03.2021

Als nun alle Kriege gegen die Götter der Urzeit, Titanen und Giganten der alten Welt zu Gunsten des Olymps gewonnen waren, so es nun nichts mehr zu verteidigen, nichts mehr zu gewinnen und zu erobern in Reichweite schien, kehrte die große Langeweile ein. Denn Krieg alleine erfüllt noch keine neue Welt. Und so wies Zeus seinen Sohn Hephaistos an etwas völlig Neues zu ersinnen, rein zum Vergnügen derer, die nun hoch oben über die Welt zu herrschen gedachten, um deren jetzigem Dasein, einen wirklichen Sinn zu verleihen. Hephaistos dachte lange, lange nach, über den Wunsch seines Vaters. Dann, nach Jahrhunderten, kam ihm die Idee, welche die Welt des Olymps, die der reinen Götterwelt in jene verwandeln würde, die uns bis heute doch allzu vertraut erscheint: Er erbat nun von all den Göttern des Olymps, um diese Aufgabe des Zeus erfüllen zu können, alle deren verfügbaren, spezifischen Erden, Erze, Wasser und Feuer. Hieraus formte Hephaistos, an seiner Schmiede, zuerst die kommende Tierwelt: Den einen gab er Hufe, den anderen Flügel oder Flossen, anderen Krallen, ein riesiges Gebiss oder ein überaus dickes Fell. Und am Ende erschuf Hephaistos sogar den Menschen, rein nach dem Ebenbild der Götter selber, ohne selber wissend, erahnend, wie diese überhaupt in dieser Welt da unten auf Dauer bestehen, ja funktionieren würden werden können. Hinsichtlich dieser Frage holte er sich Hilfe … aber dies ist wie immer einer ganz andere, weitere Geschichte.

Nach dieser epochalen Leistung, der Erschaffung der Tier- und der Menschheit an sich, findet der hinkende Schmied des Olymps nochmals Erwähnung, wenn auch wenig schmeichelhaft für ihn selber. Als sein Vater, der allmächtige Zeus, nachdem er seine erste Frau Metis, in einen Wassertropfen verwandelt, ganz einfach verschluckt um gleichsam ihre unheilvolle Schwangerschaft zu beenden, wird dieser von schier unerträglichen Kopfschmerzen geplagt. Es ist sein Sohn Hephaistos, der sich seiner erbarmt und mittels seines Schmiedehammers ein Loch in seinen Schädel schlägt, um den unerträglichen Schmerzen seines Vaters den Weg der Freiheit zu gewähren. Doch aus dem aufgeschlagenen Schädel des Zeus entsteigt nichts imaginäres, sondern eine Schönheit, die Göttin Athene, in die sich der hinkende Schmied auch sofort unsterblich verliebt. Doch diese einzigartige Göttin ist nicht zu haben – für keinen Mann …

Hephaistos Leidenschaft für Athene ist unheilvoll und diese wird noch weiter angefacht durch den Wind Eros und zusätzlich, durch einen bösen Trick des Apollon, noch weiter befeuert. Somit lauert er eines Tages Athene an seiner Schmiede auf, reißt sie an sich, um sie zu vergewaltigen. Doch Athene ist eine Kriegerin in Vollendung. Keiner, auch kein Gott vermag sie zu überrumpeln, erst Recht kein humpelnder, alter Schmied. Sie entrinnt somit recht schnell seiner lüsternen Umklammerung, stößt ihn zurück. Doch in diesem ungleichen Kampf zerreißt er per Zufall doch noch ihre Tunika und sie steht plötzlich völlig nackt vor ihrem Angreifer. Dieser, immer noch völlig erregt, kann angesichts dieser vollkommenden, nackten Schönheit nicht mehr inne halten und ejakuliert einen Samenschwall in Richtung seiner Angebeteten, welcher auf ihrem Oberschenkel landet. Athene ist angewidert und voller Ekel wischt sie diesen sofort ab. Der Samen des Hephaistos landet somit auf der Erde, fernab des Olymps, bahnt sich seinen Weg in Gaias Leib, der Urmutter der Welt, und es wird ein Zwitterwesen, halb Mensch, halb Schlange hervorbringen, um dessen Wohl sich am Ende dann doch Athene selbst bemühen wird, weil kein anderer es haben will.

Doch all dem noch nicht genug. Der stetig alternde Himmelsschmied musste nochmals ran, nochmals Geschichte schreiben, die längst vergessen zu sein scheint. In Zeiten, in denen sich Prometheus einst zu Gunsten der bis dato rein männlichen Menschheit mit Zeus anlegte, der Göttervater aus Rache all deren Paradies ähnlichen Zustände strich, ersann dieser noch weitere Flüche. Hephaistos selbst erschuf nun, abermals auf Weisung seines Vaters hin, aus reinem Lehm, eine bisher nicht gekannte menschliche Weiblichkeit, eben jene unwiderstehliche Frau, mit der es sich ab sofort so vereinen galt, um das Geschlecht der Menschen zu erhalten. Ihr Name: Pandora

Hephaistos
Kugelschreiber, Farbstift, Aquarell
Dvz. 1469
Format: 250 x 170 mm
01.04.2021