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Marcel Reich-Ranicki

Er galt einst als der „Literaturpapst“ des deutschen Fernsehens. Geliebt und gehasst zugleich, hat er mit seinem „Literarischen Quartett“, das er von 1988 bis 2001 im ZDF moderierte, ein Stück Fernsehgeschichte geschrieben und mit seinen lebhaften, manchmal auch lautstarken Kontroversen über Bücher einem breiten Publikum Literatur abseits des Mainstreams näher gebracht.

Doch seine rednerische Dominanz, seine stets aufgeladene Emotionalität im Quartett selbst, seine oft rigorosen, auch ins Persönliche gehenden Kritiken mit dem Habitus des allwissenden Besserwissers brachten ihm nicht nur Sympathien ein. Günter Grass sagte einmal, Reich-Ranicki habe „die Trivialisierung der Kritik betrieben“ und sei ein „schwacher Literaturkritiker“ gewesen. Martin Walsers Roman Tod eines Kritikers gilt als Generalabrechnung mit Reich-Ranicki.

Er, der große Bewunderer Goethes, Fontanes und Thomas Manns, war – bei aller Kritik an seiner Person und der Art und Weise seiner teils vernichtenden Besprechungen – dennoch ein Glücksfall für die deutsche Literatur, denn vor allem durch ihn erhielt sie die mediale Aufmerksamkeit, die ihr im Grunde zusteht.

Unvergessen auch – seine Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises 2008, jener alljährlichen GEZ-finanzierten Veranstaltung, bei der die Öffentlich-Rechtlichen auch den größten selbst produzierten Blödsinn mit Preisen ehren. Mit dem spontanen Hinweis auf den „Schwachsinn, den wir hier heute Abend gesehen haben“, lehnte Reich-Ranicki die Ehrung ab. Dass er sich unter all den Blödelheinis, den Hartz4fernseh-Helden der Nation, nicht besonders passend fühlen würde, hätte auch den Veranstaltern, allen voran Thomas Gottschalk, im Vorfeld klar sein müssen.

So gab es ein klares: „Ich nehme diesen Preis nicht an!“

Federzeichnung, Farbstift, Aquarell
Wvz. 5358
328 x 210 mm
September 2023