Paul Bäumer ist die Hauptfigur in Erich Maria Remarques weltbekanntem, aber in bestimmten Kreisen auch heute immer noch unliebsamen Roman Im Westen nichts Neues. Und Paul Bäumer ist eben im Grunde Remarque selber, der hier die selbst durchschrittene Hölle des ersten Weltkrieges, an der Westfront, durch seinen frei erfundenen Protagonisten Paul mehr als eindringlich und nachhaltig zu erzählen weiß.
Der Autor selber überlebte die erste Apokalypse des beginnenden 20ten Jhdt. um zu berichten, zu mahnen, hinsichtlich dieses kollektiven, unsinnigen Massenmordens, lässt aber seinen Helden, sich selber also, am Ende seines Romans, dann doch noch sterben, an einem Tag an dem, laut Heeresbericht, im Westen nichts Neues zu berichten war.
Somit sollte man natürlich auch die Romanfigur des Paul Bäumers, auch wenn er Hauptfigur und Erzähler in einer Person zugleich ist, noch nicht einmal als tragischen Held eines Romans verstehen in dem es eben vor allem darum geht aus erster Hand zu berichten, dass ein Krieg, wie dieser einst, nur in Massen Tote produzierte, aber am Ende keinen wirklichen Platz für antikes Heldentum ließ. Denn Paul will eigentlich auch kein Held sein und denkt darüber auch gar nicht nach. Er ist eher introvertiert, verträumt, möchte eigentlich gerne schreiben, Schriftsteller werden und ganz sicher nicht Held in einem Krieg sein, dessen Unsinn, sich wenn überhaupt, rein durch nationalistische Begehrlichkeiten und allzu altertümliche Ressentiments zu erklären ließe.
Dennoch lässt sich auch Paul Bäumer überreden, wie alle anderen Mitschüler in seiner Schulklasse auch, durch den fast schon Mephisto ähnlichen Lehrer Prof. Kantorek, in ein sogenanntes nationales Aufbegehren und Abenteuer zu ziehen um als unsterbliche Patrioten wiederzukehren oder als wahre Helden für das Vaterland ihr Leben auf einem Schlachtfeld zu geben, dessen unfassbare Ausmaße des Sterbens und Leidens sich der Lehrer selber noch nicht einmal vorzustellen vermochte. Paul trifft seinen allzu fanatisch, nationalistischen Professor wieder – in seinem ersten und letzten Fronturlaub.
Wvz. 5246
Format: 500 x 500 mm
Oktober 2020
Wie auch schon bei den zuvor von mir gezeichneten, wichtigsten Protagonisten des Romans Im Westen nichts Neues, habe ich mich auch bei Paul Bäumer, wie auch schon bei Himmelstoß und Katczinki, erneut an dem Cast der Filmumsetzung des Romans von 1930 orientiert, weil diese mir dann doch deutlich zeitnaher und authentischer erschien als jene spätere, für das Fernsehen konzipierte Umsetzung von 1979. Auch wenn diese nicht wirklich schlecht ist.
Somit eine letzte Anekdote – hier, das Portrait des Paul Bäumer, angelehnt an die Optik des US-Schauspielers Lew Ayres, dem, nach der Oscarpremierung des Films „Im Westen nichts Neues„, im Grunde ganz Hollywood eine fast märchenhafte Zukunft vorhersagte. Doch zu Beginn des zweiten Weltkrieges lehnte Ayres den Waffendienst, zu dem natürlich auch er einberufen wurde, kategorisch ab und gab als Begründung für seine Verweigerung des Kriegsdienstes die Erkenntnisse aus Remarques Verfilmung an, eben jener Rolle des Paul Bäumer, die er im Film so überaus überzeugend verkörpert hatte. Er galt in den USA, von einer Stunde zu anderen, von heute auf morgen, plötzlich als landesweit berühmtester Kriegsdienstverweigerer überhaupt.
Damit war die eine, die ganz große Kinokarriere vorzeitig beendet. Es nutzte dann auch nichts mehr, als nach Ende des Krieges bekannt wurde, wie aufopfernd sich Ayres im Sanitätsdienst, vor allem im Pazifik, mit an vorderste Fronst dienend, sich nun real den Verwundeten, den Sterbenden gewidmet hatte.
Diese Welt ist eben leider kein Kino.