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Zum Treffpunkt im Unendlichen

"Zum Treffpunkt im Unendlichen"

Bleistift, Farbstift, Aquarell, Tusche
Wvz. 4499
Format: 350 x 500 mm
März 2009

Die einzig „wahrhaftige“ Wahrheit liegt wahrscheinlich im Unendlichen; an einem unbestimmbaren Punkt an dem alle, dem Jüngsten Gericht gleich, Rechenschaft ablegen müssen. Diese Zeichnung firmiert bewusst unter dem Titel des dritten Romans von Klaus Mann: „Zum Treffpunkt im Unendlichen“.

Klaus Mann, der älteste Sohn des Schöpfers der „Buddenbrooks“ und Nobelpreisträger Thomas Mann, gilt schriftstellerisch wohl als das talentierteste unter den sechs Kindern der Familie. Seine meist autobiografisch durchwachsenen Essays und Romane sind nicht nur Spiegelbild und Zeitreflektion eines schwierigen extrovertierten Selbst, sondern sind immer wieder auch latent durchdrungen von der schmerzlich empfundenen Distanz zum Übervater, dem Zauberer, wie die Kinder ihn liebevoll nannten, zur Familie insgesamt, sowie auch geprägt von der wachsenden Besorgnis um die politische Entwicklung in Deutschland, die ihn letztendlich schon 1933 aus München vertrieb.

Klaus Mann schreibt im Exil seinen Roman „Mephisto“. Deutlich auszumachen ist hier als Vorbild, zu seiner Titelfigur, sein ehemaliger Freund und Schwager, der Schauspieler Gustav Gründgens; die Geschichte eines blinden Karrieristen, welcher sich, trotz anderer politischer Überzeugung, im Dritten Reich anpasst, alles Vorherige verleugnet und somit zu Ruhm und Ehre gelangt.

Klaus Mann kommt im Nachkriegsdeutschland – mit der Welt „nach Hitler“, nicht mehr ins Reine. Während sich sein Protagonist aus „Mephisto“ schon wieder auf den großen Bühnen feiern lassen darf, werden seine Bücher in der neu gegründeten BRD totgeschwiegen, oder wie der „Mephisto“, per einstweilige Verfügung, von der Familie Gründgens ganz verboten.

Klaus Mann nimmt sich 1949 das Leben.

Es ist vor allem dem ständigen Wirken der älteren Schwester Erika und auch dem jüngeren Bruder, dem Historiker Golo Mann, zu verdanken, dass das literarische Erbe von Klaus Mann dann doch jene heutige Bedeutung erlangen konnte und nun als authentische „Exil – Literatur“ ihren Platz in der Geschichte gefunden hat.

Als Klaus Mann Adolf Hitler in den 1920er Jahren im Münchner Hofbräuhaus Reden schwingen hörte, war er noch wie viele andere Intellektuelle der Meinung, dass ein „so hässlicher Demagoge“ nie wirkliche politische Macht erlangen könne. Eine Meinung, die er jedoch angesichts der zunehmenden Brutalität und dem Fanatismus, mit denen die Nazis gegen ihre Gegner und auch gegen die Machtstellen der Weimarer Republik agierten, schnell wieder revidierte.

Es gehörte viel Mut dazu, sich öffentlich gegen die aufkommende politische Strömung der Nazis zu stellen. Und es gehörte noch mehr Kraft und Energie dazu, sich dann, als das eigene Leben dadurch in Gefahr geriet, dass Land, die Heimat und die Kultur, in dessen Sprache man das Instrument seiner Kunst gefunden hatte, zu verlassen – um sich dann, als all das was man mahnend voraus gesehen hatte eintraf und mit voller Wucht zur Katastrophe führte, dennoch auch weiterhin als unwillkommener Deutscher ohne Heimat zu fühlen.

Die Reihen der Mahner, vor dem aufkommenden Dritten Reich, waren im Vergleich zu jener Gruppe, die immer noch der Meinung war, es werde schon nicht so schlimm werden, wie befürchtet, eher dünn bestückt. Dabei monierte Klaus Mann, schon recht früh im Tagebuch, zu Recht, dass jeder es hätte voraus sehen können. Man hätte nur einmal „Mein Kampf“ lesen müssen. Aber nicht nur die meisten der Deutschen haben damals „Mein Kampf“ wohl nie gelesen, auch im Ausland ist Hitlers Machwerk vom Wahn eines Großdeutschen Reich scheinbar lange ungelesen geblieben.

Gleich nach der Machtergreifung Hitlers 1933, ging das Terrorregime an die Verwirklichung dessen, was „er“ bereits 1925 in seinem Buch angekündigt hatte. Gleichschaltung der Presse, das Ausschalten von Oppositionellen, die offene Verfolgung von „rassisch Minderwertigen“, die Vertreibung und Deportation der Juden – Menschen verschwanden ganz einfach über Nacht, in schnell errichteten Konzentrationslagern, doch im Ausland regt sich kaum offener Protest.

Im Gegenteil, selbst nach drei Jahren offenem Terror, gegen das eigene Volk, ist die Welt zu Gast im Reich: Mit der Olympiade 1936 bietet man dem Diktator die Möglichkeit sich und seine Schergen als friedliebende Lenker Deutschlands zu präsentieren. Und selbst noch 1938, als die Pogromnacht den vorläufigen Höhepunkt der Judenverfolgung markiert, regt sich im benachbarten Ausland oder im Rest der Welt noch immer kein spürbarer Protest. Man ist auf dem Höhepunkt der Appeasement Politik. Die Ignoranz gegenüber Hitler, im Großteil der deutschen Bevölkerung, welche ihm letztendlich zur Macht verhalf, schwappt nun auch über ins benachbarte Ausland und verhilft ihm zu wachsender Außenpolitischer Bedeutung: Man schenkt ihm das Saarland, dann Österreich und verrät zu Letzt noch die Tschechoslowakei.

Die Nazis sind auf dem Höhepunkt – die jüdischen Gemeinden in Deutschland sterben weiter – die zahllosen Emigranten verzweifeln immer mehr.
Erst als sich der Machthungrige Diktator 1939 auch noch Polen einverleiben will, überspannt er den Bogen und er bekommt endlich was er immer schon wollte – seinen großen Krieg, denn Europa stellt sich gegen ihn.

Auch wenn von nun die tagespolitischen Themen, in der ausländischen Presse, geprägt sind von den Ereignissen an den jeweiligen Kriegsschauplätzen, so werden doch nun im zunehmenden Maße auch die Gräueltaten der Nazis am eigenen Volk thematisiert, vor allem aber der Begriff „Holocaust“ macht immer mehr die Runde, obwohl sich bis zu Letzt wohl kaum einer das Unvorstellbare wirklich hatte vorstellen können. Das wirkliche Ausmaß des Grauens wird erst nach dem Fall Nazi-Deutschlands im vollen Umfang sichtbar und lässt die Welt in Entsetzen erstarren.

Die Welt – nun endlich steht sie geschlossen gegen Hitler. Nur eine Großmacht, wenn auch nicht von weltlicher Natur, ziert sich – die römisch katholische Kirche. Jene Kirche, die Jesus von Nazareth, den Juden, als Ikone vor sich her trägt, weigert sich gegen die Nazis offen Stellung zu beziehen. Scheinbar aus Angst vor Repressionen gegen christliche Einrichtungen in Deutschland und Österreich sieht sich Papst Pius XII. genötigt, die zahlreichen Bitten um Verurteilung Hitlers und dessen Judenverfolgung zu ignorieren. Auch wenn sich im geheimen die Kirche der Verfolgten annimmt (alleine in Rom werden 6.000 Juden in kirchlichen Einrichtungen vor der Deportation versteckt, um anschließend allerdings, nach dem Fall des dritten Reichens, unzähligen Nazi-Verbrechern die Fluch nach Südamerika zu ermöglichen), so bleibt es offiziell doch bei seiner schweigenden Neutralität, welche von vielen Christen, weltweit, mit großer Scham und Unverständnis aufgenommen wurde.

Knapp 2000 Jahre, nach dem Tod des Königs der Juden, erleiden die Nachkommen des Volkes Christi einen millionenfachen Holocaust, ein Golgatha gigantischen Ausmaßes, ohne den helfenden Zuspruch jener Kirche, die einst für „Ihn“ und seinen „Vater“ errichtet wurde.

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