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Kronos

Er war, nach der Theogonie des Hesiod, die erste oberste Gottheit dieser Welt. Nachdem er als jüngster, all jener im Leib der eigenen Mutter ausharren müssenden Titanen, Zyklopen, Giganten und Hekatoncheiren, allein den Mut aufbrachte sich gegen den eigenen Vater Uranos, den Himmel, aufzulehnen, ihn entmannte, er ihn damit auf ewig dazu verdammte ab sofort nur noch über der Erde zu schweben, ohne sie jemals wieder berühren zu können, stieg Kronos zum alleinigen Weltenlenker auf. Die Tränen des leidenschaftlich trauernden Uranos allerdings sollten uns Menschen später dann als der zeitweise vom Himmel fallende Regen bekannt werden und an ihn erinnern.

Kronos selber, welcher über eine frühzeitliche, rein von den urgöttlichen Naturgewalten bestimmte Welt herrschte, gänzlich noch ohne jedes Menschengeschlecht und ohne jede Tierwelt, ist heute somit, wenn überhaupt, nur noch aus zwei Gründen bekannt: Zum einen wegen seiner perversen Obsession seine eigenen Kinder zu verspeisen und zum anderen als Vater des späteren, großen und allmächtigen Zeus. Und genau auch jener wird dann wirklich diese vorsintflutliche Zeit, die des Kronos, blutig beenden werden und damit das neue Zeitalter, dass der kommenden Menschheit, erst möglich machen.

Peter Paul Rubens – Ausschnitt, Prado Museum, Madrid, Spanien
Der römische Gott Saturn, die entsprechende Ambivalenz zur griechischen Gottheit Kronos, verspeist eines seiner Kinder, ca. 1636, 1638

Der Titan Kronos nimmt nach dem Sieg über seinen Vater Uranos seine Schwester Rhea zur Frau. Seine Mutter Gaia sagt ihm aber voraus, dass auch eines seiner eigenen Kinder, welche aus dieser Verbindung hervorgehen, ihn selbst einst zu Fall bringen werden wird. So sieht er sich zu jener bekannten Perversion genötigt, all die Neugeborenen seiner Gemahlin sofort zu „verschlucken“ – zu verschlucken wie gesagt, und nicht wie so oft dargestellt (und ich nehme mich auch nicht davon aus), wirklich zu verspeisen.

Rhea ist erneut schwanger, aber sie ist der Phobie ihres Gatten leid, versteckt nach der erneuten Niederkunft nun das Neugeborene in einer Höhle auf Kreta, lässt den Eingang dieser von Dämonen der Unterwelt bewachen und den Säugling von Nymphen versorgen. Doch Kronos weiß natürlich um die erneute Schwangerschaft seiner Frau und fordert abermals das Neugeborene von ihr ein. Rhea wirft ihm somit einen in Leinen gewickelten Stein vor seine Füße, den er auch gleich, wie erwartet, anstandslos verschluckt und sich vorerst zufrieden gibt. Als er den Betrug bemerkt, ist es schon längst zu spät, denn sein nun herangewachsener Sohn Zeus sinnt schon auf Rache gegen den eigenen Vater, für all seine Greul, begangen an seinen Geschwistern. Mit Hilfe der Nymphe Metis, welche Zeus erste Frau werden sollte, erschleicht er sich, in einen Weinschenk verwandelt, und mit einem Brechreiz versetzten Wein den Zugang zum Hofe seines Vaters. Als dieser das Gift trinkt, erbricht dieser als erstes auch gleich den zuletzt verschluckten Stein und dann, nach und nach, alle die zuvor „verspeisten“ Geschwister, u.a. Poseidon und Hades.

Doch Kronos will sich noch nicht geschlagen geben – er ruft zuerst all seine Geschwister auf, die Titanen, um gegen die eigenen, aufrührerischen Kinder, unter der Führung seines Jüngsten, des Zeus, vorzugehen. Es kommt somit zur sogenannten Titanomachie, der ersten Jahrtausende andauernden Schlacht dieser Welt gegen die neu aufstrebende Göttergeneration des Olymps. Als diese für Kronos verloren geht, kommt es zur zweiten Schlacht, ebenfalls Jahrtausende andauernd, der Gigantomachie, als der Gott der Vorzeit all seine Giganten, als letztes Aufgebot, in eine erneute Schlacht schickt. Aber auch diese entscheiden Zeus und seine Geschwister, auch unter Mithilfe der Zyklopen, für sich. Doch den aller letzten Kampf, um die kommende Herrschaft um die Welt, muss Zeus ganz alleine bestreiten – ein Grund mehr, warum gerade er der kommende, unumstößliche Herrscher über alle Götter und die Welt sein werden würde. Aber dies ist wie immer einer andere Geschichte …

Kronos
Kugelschreiber, Farbstift, Aquarell
Dvz. 1463
Format: 248 x 170 mm
21.03.2021