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Erika Mann – Die Gralshüterin

Als erstgeborene und älteste Tochter des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann genoss Erika – Eri, wie sie von allen genannt wurde, anfangs ein recht sorgenfreies Leben und konnte sich schon früh, trotz mittelmäßiger schulischer Leistungen, ihrer schauspielerischen Leidenschaft hingeben. Selbstbewusst lebte sie offen ihre Bisexualität, hatte Verhältnisse mit Männern und Frauen und konnte sich der Nachsichtigkeit ihres Zauberers (T.M.) sicher sein. In einem späterem Interview sagte sie einmal: Wenn ich meinem Vater gesagt hätte, ich zöge jetzt mit einem Papagei zusammen, hätte er wohl nur gesagt: Naja, wenn es dir Spaß macht …
1926 heiratete sie – nur so zum Spaß und Schein – den Schauspieler Gustaf Gründgens, der bei der Inszenierung des Theaterstücks Anja und Esther ihres Bruders Klaus mitwirkte und auch Regie führte.

Thomas Mann zeigte sich, was die Lebensgewohnheiten seiner sechs Kinder anging ungewöhnlich gleichgültig tolerant. Nur ihre literarischen Gehversuche beäugte er mit Argusaugen. So konnte Erika mit ihrem Bruder Klaus, dem zweitgeborenen und von allen Eissi gerufen, nachdem auch die weiteren vom Bruder verfassten Theaterstücke von der Presse verrissen wurden, mit dem Segen des Vaters auf eine monatelange Weltreise gehen. Dank der großen Bekanntheit T.M.´s erlangte das Geschwisterpaar, welche sich gerne auch als „Twins“ ausgaben, vor allem bei ihren Vorlesungen in den USA große Beliebtheit. Doch es zogen schon da dunkle Wolken über Europa auf …

Erika Mann als Pierrot - Pfeffermühle
Federzeichnung, Farbstift, Aquarell, Tusche
Wvz. 4379
Format: 522 x 412 mm
Juli 2008

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Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 änderte sich schlagartig alles. Aus der eher unpolitischen Tochter Erika erwuchs eine verbissene Gegnerin gegen alles Deutsche, auch all jener die sich scheuten offen politisch Stellung zu beziehen, es bevorzugten sich nur in eine innere Emigration flüchten. Noch drei Monate vor der Machtergreifung gründete sie gemeinsam mit ihrer Geliebten Therese Giehse das politische Kabarett, die Peffermühle und ätzte ab nun unaufhörlich gegen das aufkommende deutsche Unheil, erkannte auch rechtzeitig die Gefahr für ihr Leben und floh noch vor der großen Gleichschaltung in die Schweiz.

Bleistift, Farbstift, Tusche
Wvz. 4384
Format: 470 x 362 mm
Juli 2008

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Auch Thomas Mann selber blieb von dem eifernden Hass seiner Tochter gegen den Nationalsozialismus nicht verschont. Auch wenn dieser auf Grund der ausdrücklichen Warnung seiner beiden Ältesten nach einer Vortragsreise mit Frau Katia nicht mehr nach Deutschland zurückgekehrt war, so war er doch offiziell nur auf Reisen, im Urlaub, hatte sich öffentlich also noch nicht zu den alarmierenden Vorkommnissen in Deutschland geäußert und wollte es wohl auch nicht, immer noch darauf spekulierend, das seine Bücher auch in einem Hitler-Deutschland noch gekauft und gelesen werden würden. In einem bitterbösen Brief drohte Erika ihrem Vater nicht nur mit Liebesentzug, sondern auch mit Entfremdung und endgültiger Trennung. Thomas Mann gab nach und bezog in einem offenen Brief 1936 endlich klar ablehnend Stellung zur Nazidiktatur.

Auch in den folgenden Jahren blieb Erika Mann unermüdlich. Nach der Emigration der Familie in die USA, ging sie immer wieder auf Vortragsreisen um eindringlich vor der Gefahr des Nationalsozialismus zu warnen, schrieb zahlreiche politische Artikel und Bücher zum Thema, half ihrem Vater bei der Eingewöhnung, bei der Übersetzung seiner Reden in die englische Sprache und erlangte immer mehr den Status eines unverzichtbaren Vertrauten, eines unersetzlichen Lektors und kommenden Nachlassverwalters.

Auch nach dem Krieg blieb Erika Mann unversöhnlich mit den Deutschen. Als man Thomas Mann 1949 in Deutschland den Goethepreis verleihen wollte, wurde sie fast hysterisch, überredete ihn aber andererseits der Verfilmung seiner Romane Buddenbrooks und Felix Krull zuzustimmen. Nach dem Tode T.M.´s wachte sie über das literarische Erbe ihres Vaters wie ein Gralshüter, verschwieg alle eher allzu diskreditierenden Erkenntnisse aus den Tagebüchern, schrieb vielleicht etwas zu idealisierende Nachbetrachtungen zum Leben mit T.M. und prozessierte gegen jeden, der allzu unvorteilhaftes über den großen Literaten zu berichten hatte. Durch ihre Prozessierlust und aggressiven Streitereien in den späten Jahren verspielte sie viele Sympathien.

„Aus der Amazone wurde eine Erinnye“, schrieb der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in seinem Buch Thomas Mann und die Seinen.

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